Hans Christian Tschiritsch ist ein Wiener Original
mit einem ausgeprägten Hang zu selbsterfundenen Instrumenten, die
er selbstverständlich auch selbst spielt. Etliche davon sind auch
wieder auf seinem neuen Album mit selbstkomponierten Stücken zu hören,
das er gemeinsam mit den Akkordeonisten Otto Lechner und Franz Haselsteiner
einspielte.
Es hat einige Zeit gedauert, bis sich Hans Tschiritsch in der Familien-Wohnung
im ersten Stock eines Altbaues in der Alserstraße in Wien wieder
zurechtgefunden hat, die er mittlerweile mit seiner aus Shanghai
stammenden Frau und seinem Sohn im Volksschulalter bewohnt. Lange
Zeit war er in verschiedenen Ländern unterwegs und gewöhnte sich
an ebenerdige Behausungen, später an Ateliers, die ebenso von der
Straße aus betretbar waren und in denen er auch wohnte.
Anfang 20
war er, und es war die Zeit der Arena- Bewegung in Wien, als er seine
Siebensachen packte, um sich weit weg von Wien, unterwegs auf der
Straße mit der Gitarre, später auch mit der Geige, durchzuschlagen.
Etliche Länder hat er auf seinen Wanderjahren kennengelernt, gerne
auch als Stelzengeher. Sein Liebling aber ist Spanien und da der
Süden, Andalusien. Er schwärmt heute noch vom Roma-Viertel am Rande
Granadas, von einem magischen musikalischen Umfeld und von Steinhöhlen.
Dort verbrachte er einst viel Zeit, die eine gute war.
Zurück in
Wien fand sich das Das 1. Strenge Kammerorchester zusammen. Mit Violine,
Kontrabass und Otto Lechner am Akkordeon ließ Anfang der 1990er Hans
Tschirtsch mit der Singenden Säge aufhorchen. Einige Einspielungen
mit seiner Gruppe Tschiritsch´s Uhrwerk folgten, neben Engagements
als Theatermusiker, auch Geräuschmeister am Burgtheater war er schon
und Mitbegründer des Theater des Augenblicks.
Ein Spezialist ist
Hans Tschiritsch schon seit langem auch in Sachen Oberton. Ein Poster
der berühmten Gruppe Huun-Huur–Tu hängt prominent in seinem Vorzimmer.
Einige Wochen verbrachte er vor etlichen Jahren in Tuva. Auch wollte
er dort vor Ort seinen Obertongesang verfeinern und war auch schon
mit einem Kundigen des Obertongesangs handelseinig. Fünf Dollar hätte
er sich geleistet. Leider war der gute Mann völlig besoffen und kam
nicht. Zum nächsten ausgemachten Termin war aus gleichem Grunde dann
der Hans Tschiritsch nicht anzutreffen. So war das damals angeblich
in Sibirien, und es wird schon so gewesen sein. Und deshalb ruht
die Kunst des Obertons bei ihm auf autodidaktischer Basis. Aber Autodidakt
ist er ohnehin schon immer gewesen. Auch entwickelte er spezielle
Obertoninstrumente wie die Obertondrehleier, den Klangpropeller,
Zwitscheridu (Aerochord), Heisere Lunge und etliche andere.
Das aktuelle
Album „9“ wurde nun mit Otto Lechner am Akkordeon und Franz Haselsteiner
am Bass-Akkordeon eingespielt, einem Akkordeon mit speziellem Bassteil,
das vom Tiroler Gernot Strassl erfunden und gebaut wurde. Dann natürlich
Hans Tschiritsch mit allem, was so zur Verfügung steht und passt.
Obertongesang, Singende Säge, Zwitscheridu, Trichtergeige, Obertondrehleier,
Klangpropeller, Wehmutswalze und etliches mehr. Das Trio war in der
Vergangenheit auch schon live unterwegs und als Trio Ohrwerk zu hören.
Bleibt zu hoffen, dass sich mit der Veröffentlichung der CD und durch
das Mitwirken von Otto Lechner etwas tut und sich der Bekanntheitsgrad
erhöht.
Der Otto Lechner wäre immer schon der Gute gewesen, da hätte
man gleich gewusst, aus dem wird was, der wird berühmt, der wird
einmal ein Star. Bei ihm wäre das was anderes und „vielleicht hat
das ganz einfach etwas mit Karma zu tun.“ Stimmt schon, so wirklich
berühmt ist er tatsächlich bis heute nicht geworden. Das kann aber
freilich auch an der Tatsache liegen, dass er einfach kein Geschäftsmann
ist. Und immerhin war er bis zum heutigen Tag aber auch wirklich
zu gar keinem Kompromiss bereit. Das muss auch einmal geschätzt werden.
Wäre der Durchschnitt ansonsten auch nur halb so offen und erfindungsreich
wie Hans Tschiritsch, müsste man sich zumindest um das Individuelle
und die Originalität im Menschen keinerlei Sorgen machen.
Werner Leiss, Concerto, Ausgabe 1-2011 |