Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man
schweigen. Also gar nicht versuchen mit Worten zu beschreiben, was
nicht zu beschreiben ist. Lieber möchte ich über Hans Tschiritsch
schweigen. Ruhig sein, fröhlich sein, ihm lauschen, in Resonanz zu
ihm treten.
Herein ins Tschiritscheum! Staubsauger, Ventilatoren, Badewannen,
eine zu einer Obertondrehleier umgestaltete Nähmaschine, überdimensional,
liebevoll erfunden und gebaut in jedem Detail. Alles dreht sich,
alles bewegt sich, alles klingt, Musik aus Rohren, Trichtern, Musik
mit Rädern. Das Badewannen-Cello, das Fahrrad-Cello, vertraut und
neu zugleich. So wie Tschello an Cello erinnert. Sag einfach ‚tschiritsch’
[Zum Wohl!] zu dieser unaussprechlich guten Musik!
Der ‚Einzug der Radiatoren’ als nächstes Projekt? Die Geschirrspielmaschine
als nächste Erfindung?
Apropos Küche. Dort mögen sich Kochbücher befinden, die viel Wissen
enthalten, aber das Individuelle einer Speise nicht angeben können.
Es gibt das Sagbare und das Unsagbare. Genauso bei Hans Tschiritsch:
Wir können nur das sagen, was gleichsam in einem „Kochbuch“ – CD-Cover,
Lexikon, Zeitschriftartikel … – über Tschiritsch stehen könnte.
Tschiritsch ist vom Typ her ein Einzeltäter. Aber er hat sich vergrößert:
Er hat einige Kubaner um sich geschart und tritt nun als ‚Tschiritsch’
Urwerk’ auf. Kein Nonseum, aber an der Grenze des Irrealen angesiedelt.
Richtig gelesen: Urwerk. Kein Räderwerk, aber zwingend, rastlos,
… wie eine Uhr. Einfach Urig! Ein uriges Räderwerk.
Steirerland & Kuba: multi-kulti? Nichts dergleichen. Es geht
nicht darum, einer Mode, einem Zweck, einer eventuell einträglichen
Absicht zu huldigen. Es geht um die Musik, die lebt, die neu ist,
die neugierig macht und fröhlich stimmt.
Tschiritsch ist – das wird niemanden überraschen – nicht einzuordnen,
er ist einzig-artig. Artig? Er ist geradlinig, nur sich selbst, seinen
musikalischen Imaginationen treu. So geradlinig und sich selbst treu,
dass sich nicht einmal sein Name ändert, wenn man ihn von hinten
nach vorne liest.
Dennoch: Wird man an irgendjemand erinnert? Ich muss an Franz Schubert
denken. Schwer zu sagen, weshalb. Tschiritsch gehört irgendwie zu
Wien. Ich glaube nicht, dass eine andere Stadt ihn hervorgebracht
hätte.
Aber das ist nur die eine Seite des erfindungsreichen Hans Tschiritsch.
Die andere ist der zaghafte, zweifelnde, fast zerbrechliche Musiker
und Mensch. Die Fröhlichkeit der Musik und ihrer Instrumente als
Fassade? Wieder diese Erinnerung an Schubert.
Zuletzt, ganz praktisch gesprochen: Da ist einer, der gerne ein
Atelier hätte, mit Wasser, Strom und vielleicht einer Teeküche. Ein
Atelier als lebendiges Museum, ein ‚Museum der Tonfreude & Tonfreunde’;
mit einer kleinen Werkstatt zum Hervorbringen weiterer Erfindungen
dieses findungsreichen Hans Christian Tschiritsch. Ein Atelier, groß
genug, damit seine riesige Geige Platz finden kann (die ihn zum Eintrag
ins Guiness-Buch als größte je gebaute Geige verholfen hat). Ein
Atelier, groß genug, damit eine Schulklasse Zeit mit ihm zubringen
kann. Zeit, weil Zeit kostbar ist, weil die Jugend kostbar ist, weil
die Welt der Töne kostbar ist, weil Hans Tschiritsch kostbar ist.
Treten Sie ein in die musikalische Wunderwelt des Hans Tschiritsch!
Werner Schulze, aus der Eröffnungsrede
zur Ausstellung im Salon Schräg, 18. Juni 2015
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